17.06.2020

Sprachbarrieren machten den Lock-Down schwieriger

Migrant*innen waren in den letzten Wochen aufgrund der Entwicklungen rund um das Corona-Virus mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Agnes Schmatzberger, Koordinatorin der Integrationshilfe in Salzburg, erzählt, wie die Freiwilligen und Koordinatorinnen in dieser Zeit helfen konnten. 

Wie waren die letzten Wochen in der Integrationshilfe?

Die letzten Wochen waren eine Herausforderung. An den Problematiken der Migrant*innen hat sich nichts geändert, aber die Durchführung der Hilfe und die Bearbeitung war anders und teilweise komplizierter. Vieles musste über das Telefon geregelt werden und das war aufgrund von sprachlichen Problemen oft etwas schwierig. Andererseits haben viele Ämter und Stellen Verständnis gezeigt. Bei vielen Freiwilligen kam dazu, dass sie teilweise sehr mit ihren eigenen Problematiken beschäftigt waren. Vieles musste organisiert werden wie zum Beispiel das Studium oder der neue Alltag. Das habe ich auch persönlich gesehen, dass es eine Herausforderung ist, Job und Kinder, die nicht in die Schule bzw. in den Kindergarten gehen konnten, zu vereinbaren.

 

Mit was war die Zielgruppe konfrontiert? Welche Herausforderungen ergaben sich für Migrant*innen?

Zu Beginn herrschte teilweise Angst und auch Panik kam bei einigen Migrant*innen auf. Manche erinnerten die Ausgangsbeschränkungen und der Umstand, dass der normale Alltag nicht mehr möglich war, an die Kriegszeiten, die sie erlebt haben. Wir waren von Beginn an bemüht, die Infos wie zum Beispiel Hygienemaßnahmen und Vorgaben der Regierung weiterzugeben. Wir haben die Migrant*innen dazu animiert, trotzdem hinauszugehen und sich dabei einfach an die Vorgaben zu halten. Gerade für Familien war es wichtig, nicht andauernd in den teilweise sehr kleinen Wohnungen zu sein. Insgesamt waren alle Organisationen von Beginn an sehr bemüht, alle Regelungen in verschiedenen Sprachen zu publizieren und weil die Corona-Thematik eine internationale Krise war, wurde auch international also auch zum Beispiel in arabischen Medien darüber berichtet. Man kann trotzdem nicht davon ausgehen, dass jede*r die Informationen bekommen hat. Deswegen ist es wichtig, Dinge wie jetzt auch die Lockerungen zu besprechen, sowohl mit den Migrant*innen als auch mit den Freiwilligen. Die Situation rund um Schule und Home-Schooling war für viele Familien ebenfalls eine Herausforderung. Gerade in jenen Familien, in denen die deutsche Sprache im Alltag nicht sehr präsent ist, haben die Kinder ohne die regelmäßige Deutschpraxis in der Schule einiges versäumt. Und das eLearning war aufgrund von fehlendem Equipment nicht bei allen möglich. Es gab aber natürlich auch Familien, in denen Fernlehre gut funktionierte. Neben der nötigen Infrastruktur spielen dabei auch die Eltern und ihr Bewusstsein für Bildung und deren Unterstützung eine entscheidende Rolle.

 

Wie hat sich die Freiwilligenarbeit in dieser Zeit gestaltet?

Am Anfang war es wichtig, den Freiwilligen die Regelungen des Diakoniewerks entsprechend zu kommunizieren. Viele Freiwillige kennen die Migrant*innen schon sehr lange und haben auch dementsprechendes Verantwortungsbewusstsein, sie weiterhin bestmöglich zu unterstützen. Mithilfe unserer Handlungsempfehlungen hatten sie einen guten Leitfaden, an dem sie sich orientieren konnten. Insgesamt empfand ich die gute Planung und die guten Vorgaben des Diakoniewerks als sehr positiv. Diese konnten gut weitergegeben werden und waren für alle klar. Wir als Koordinatorinnen waren in dieser Zeit wichtige Ansprechpartner*innen. Wenn es aufgrund der persönlichen Situation nicht möglich war, den Migrant*innen zu helfen, konnten wir einspringen. Der Kontakt war überwiegend telefonisch. Sobald die Lockerungen von Seiten der Regierung veröffentlicht wurden, begannen sich die Freiwilligen und Migrant*innen unter Einhaltung aller Maßnahmen auch wieder zu treffen. Es geschieht, so wie auch sonst in der Integrationshilfe, alles bedarfsbezogen. Wenn sich etwas ergibt, dann sind die Freiwilligen im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten zur Stelle. Nun gilt es zu schauen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten ergibt und wie sich diverse Verordnungen entwickeln. Wir hoffen, dass dann langsam auch wieder Veranstaltungen etc. möglich sind.

 

Was ist Ihnen aus den letzten Monaten besonders in Erinnerung geblieben?

Der Umstand, wie wertvoll die Freiwilligen der Integrationshilfe für die Migrant*innen sind, hat sich in dieser Krisenzeit besonders gezeigt. Als viele Beratungen und Unterstützungsmöglichkeiten heruntergefahren wurden, hatten viele Migrant*innen keine*n Ansprechpartner*in in der österreichischen Gesellschaft mehr. Das Gefühl, jemanden um Hilfe bitten zu können, dem ich zum Beispiel ein Foto eines wichtigen Briefes schicken kann und der mir diesen dann in leichter Sprache versucht zu erklären und vielleicht auch beim Amt für mich anrufen kann. Das war in dieser ohnehin für alle sehr herausfordernden Zeit sehr wertvoll. Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, einen wohlwollenden und unterstützenden Kontakt zu haben.

 

Was wird Ihrer Meinung nach aus dieser Zeit für die Zukunft bleiben?

Mich hat das unglaubliche freiwillige Engagement im Rahmen von „Salzburg gehört zusammen“ nachhaltig beeindruckt. Das hat die riesige Bereitschaft, anderen Menschen in Not-Situationen zu helfen, gezeigt. Und das gibt mir für den gesamten Bereich der Freiwilligenarbeit ein gutes Gefühl. Außerdem denke ich, dass die Flexibilität, die wir im Sprachtraining und der Integrationshilfe bereits lange leben und die in dieser Zeit besonders wichtig war, auch weiterhin unerlässlich sein wird. Auch der Online-Bereich, der ja zum Beispiel mit dem Online-Sprachtraining schon vor der Corona-Pandemie entstanden ist, wird immer wichtiger und weiter ausgebaut werden müssen.

 

Auf was freuen Sie sich persönlich wieder? 

Ich freue mich schon sehr auf persönliche Treffen mit den Freiwilligen und den Migrant*innen. Wenn ich bald wieder erste Termine ausmachen kann, um die letzten Wochen nach- und die kommenden Wochen vorzubesprechen.